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Guggemol: Evangelisieren mit Unkraut

Ich bin sehr gerne in meinem kleinen Garten. Und ich säe gerne aus, pflege, kümmere und ernte. Aber mit mäßigem Erfolg. Was ich gerne wachsen sehen würde, verkümmert oft. Der Stolz eines jeden Hobbygärtners sind Tomaten. Bei mir nicht. Obwohl ich sie pflege und dünge und mich informiere über alle Kanäle – meine Tomatenernte ist kümmerlich.

Umgekehrt ist es so: Jahr für Jahr wächst in meinen Hochbeeten, was ich nicht gepflanzt habe. Früher habe ich das „Unkraut“ entfernt, damit Tomaten, Paprika und Co. keine lästige Konkurrenz haben.

Jetzt habe ich aufgegeben. Und ich sehe darin eine geistliche Übung.

Inzwischen habe ich mich gut informiert über das, was da ohne und auch gegen mein Wirken wächst – und ich freue mich darüber. Winterpostelein zum Beispiel. Oder Sommerportulak.

Ich greife viel weniger ein in meinem Garten.

Und meinen staunenden Nachbarn sage ich: Das meiste, was ihr hier seht, hat der Schöpfer gepflanzt, nicht ich.

Ich will nicht gegen die Natur arbeiten, sondern mit der Natur.

Und das scheint mir auch ein Bild zu sein für unsere Arbeit in der Kirche.

Oft erkennen wir gar nicht, was Gott wachsen lässt, weil wir so damit beschäftigt sind, unsere eigene Agenda zu verfolgen.

Aber so oft lässt Gott etwas wachsen, was in unserem toten Winkel geschieht, wo unser blinder Fleck ist – und das andere, worum wir uns so angestrengt bemühen, verkümmert.

Sommerportulak, Bild: Gunter Schmitt, privat

Es wäre doch spannend zu sehen: Was lässt Gott wachsen?

Wo weht der Geist Gottes? Wo ist Gott schon aktiv?

Gemeindeentwicklung heißt heute vor allem: Hinhören, Hinsehen, Aufmerksam-Sein. Das sieht zunächst vielleicht aus wie Passivität, ist aber Aktivität im Swing der Schöpfung.

Unser Pflegen und Düngen ist oft richtig anstrengend. Im aufmerksamen Hinsehen fließen uns Freude und Kraft zu.

Sommerportulak wird oft als Unkraut angesehen und von Gärtnern entsorgt, um den „richtigen“ Pflanzen Platz zu machen.

Ich habe noch nie Sommerportulak gesät, er wächst einfach. Und schmeckt super. Mein Tipp: mit Schwarzkümmel, Sesamöl und Pistazien zu Spaghetti.

Hier zwei weitere Unkräuter, die in meinem Garten wachsen und die die meisten von euch kennen werden:

Löwenzahn. Früher habe ich die Pfahlwurzeln fein säuberlich ausgegraben und die Pflanze entsorgt. Heute freue ich mich über sie, mache Salat daraus, eine westpfälzische und saarländische Spezialität, dort „Bettseicher“ genannt.

Spitzwegerich.  Die Blüten des Spitzwegerichs erinnern im Geschmack an Champignons. Ich dünste sie mit Zwiebeln und Knoblauch.

Aber jetzt höre ich auf und lass den Schöpfer sprechen:

„Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?“ (Jesaja 43,19)

Euer Gunter Schmitt