Die Freiheit vor Augen und doch unerreichbar. So ging es mir durch den Kopf, als ich im vergangenen Jahr zum ersten Mal in der ehemaligen Sklavenburg in Cape Coast in Ghana war. Cape Coast war ein Knotenpunkt im transatlantischen Sklavenhandel. Dabei verschifften die Europäer Afrikaner*innen in die Kolonien in den beiden Amerikas. Aus den Kolonien der sogenannten „neuen Welt“ wurden Rohstoffe exportiert. Zum Beispiel Kaffee und Baumwolle. Diese wiederum wurden in Europa weiterverarbeitet und verkauft. Nach Afrika exportierten die Europäer Waffen und Alkohol. So entstand ein globaler Warenverkehr, der bis heute der Ursprung ungerechter Beziehungen zwischen den Erdteilen ist.
Als wir im vergangenen Jahr in Cape Coast waren, begriff ich die Dimension dieses Unrechts zum ersten Mal. Die Schilderungen unseres Guides in dem von Niederländern gebauten Fort, waren erschütternd. Teilweise monatelang mussten die Gefangenen in dunklen Verließen ausharren, bis sie auf Schiffe verladen und schließlich in die beiden Amerikas verschifft wurden. Viele von ihnen starben bereits auf der Überfahrt. Zeichnungen verdeutlichen, wie dicht an dicht die Menschen zusammengepfercht wurden; mitunter nur liegend transportiert werden konnten. Die Unmenschlichkeit war erschütternd. Dabei lag die Weite des Meeres direkt vor ihren Augen. Der Inbegriff von Freiheit in unseren Tagen.

Besonders ergreifend war für mich der Moment, als wir am Ende unseres Rundgangs zur „door of no return“ kamen. Durch diese Tür wurden die Gefangenen auf die Schiffe verladen. 1998 stand der damalige ghanaische Präsident an dieser Tür und lud alle Menschen schwarzer Hautfarbe dazu ein, zu ihren Wurzeln zurück zu kommen; sich auf die Suche nach ihren Vorfahren zu begeben. Denn, so sagte unser Guide, „jeder Mensch dieser Hautfarbe, egal an welchem Ort der Welt, stammt von hier“. Und tatsächlich machten sich viele auf den Weg nach Ghana und in andere afrikanische Länder, um ihre Wurzeln zu finden. So wurde die „door of no return“ zu einer „door of rerturn“.
Der Besuch in Cape Coast hat mich die Welt noch einmal mit neuen Augen sehen lassen. Mit einem klareren Blick für globale Ungerechtigkeiten. Damit die Freiheit nicht nur vor Augen steht, aber in Wahrheit unerreichbar ist. Weil jeder Mensch das Recht auf Freiheit hat.
Euer Christoph Krauth