Beten für Russland
In unseren Kirchen und Gemeinden wird seit Februar viel über die Beziehungen zu den orthodoxen Kirchen in Russland diskutiert. Wie hält man sinnvoll Kontakt? Oder soll man ihn ruhen lassen? Gar abbrechen, wenn Glaubensgeschwister dort sich nationalistisch und kriegsverherrlichend gebärden?
Aber seltsam: Warum wird so selten gefragt, wie es den Protestanten in Russland geht? Das sind vor allem Baptisten, Pfingstler, Mennoniten, Lutheraner und Reformierte. Den Kontakt, ist mein Eindruck, überlassen deutsche Protestanten den wenigen Ökumene-Experten.
Dabei brauchen Protestanten in Russland gerade jetzt unser Gebet und unsere Unterstützung. Seit Jahrzehnten werden sie als verlängerter Arm des Westens gesehen und erleben nun noch mehr Feindseligkeit. „Bloß nicht auffallen“ titelte eine Sendung des Deutschlandfunks aus Vorkriegszeiten. Das aber funktioniert seit Kriegsbeginn immer weniger. Der Erzbischof der evangelisch-lutherischen Kirche erklärte in den ersten Kriegstagen öffentlich: „Dieser Krieg wird nicht in unserem Namen geführt.“ Und der Generalsekretär der Russischen Evangelischen Allianz bittet in einem Brief die Opfer in der Ukraine um Vergebung.
Einige andere Repräsentanten des Protestantismus in Russland sind untergetaucht.
Seit Jahren bete ich für die evangelisch-lutherischen Gemeinden in der russischen Teilrepublik Tatarstan. Der Pfälzer Christian Hermann, mit dessen Predigten ich in Zweibrücken aufgewachsen bin, war 15 Jahre lang dort Propst. Er hat immer wieder Gesichter und Geschichten, Gebetsanliegen und Bilder in die Pfalz mitgebracht. Auf einmal kommen sich scheinbar ferne Glaubensgeschwister ganz nah.
Euer Gunter Schmitt