Wandern Sie noch – oder pilgern Sie schon…Was verbinden Sie mit Pilgern?
Vielleicht den Film von Hape Kerkeling „Ich bin dann mal weg!“ In diesem beschreibt er seine Erfahrungen und Erlebnisse auf dem Jakobs-Weg nach Santiago de Compostela. Viele meiner Bekannten sehnen sich danach, diesen Weg zu gehen. Und einige tun es schon. Sie gehen jedes Jahr ein Stück. Angefangen haben sie vor der eigenen Haustür. Sie sind einfach losgegangen. Erst einmal in Tagestouren. Dann haben sie ein Wochenende dafür genutzt und nun starten sie im Juni in Frankreich und planen 3 Wochen ein. Spannend, oder?

Meine Pilgererfahrung startete mit einer Langzeitfortbildung über Spiritualität. Dort war als Wahlkurs eine Woche Pilgern möglich. Fünf Tage mit dem eigenen Gepäck auf dem Rücken, das war eine besondere Erfahrung. Dazwischen und unterwegs Gottesdienste, Gebete, Psalmworte, Übungen und ganz viel Segen.
Was ist das Besondere am Pilgern?
Gewandert bin ich schon immer. Als Familie waren wir jedes Wochenende mit dem Pfälzer Waldverein unterwegs. Und das Gehen, Laufen und Wandern ist noch immer die Bewegungsart, die mir am liebsten ist. Ich komme zur Ruhe, kann schweigen, meinen Gedanken nachgehen. Ich entdecke am Wegrand die schönen Aussichten. Ich rieche den Wald und die Wiesen.
Ich lache mit der Sonne um die Wette. Und schimpfe auch mal über die heftigen Anstiege oder den Regen, der mir ins Gesicht prasselt. Wenn möglich, bin ich jedes Jahr auch eine Woche alleine auf Tour. Aber Pilgern ist für mich „Wandern plus“. Da geht für mich Gott mit. Oder besser gesagt: Ich lade ihn ausdrücklich ein. Ich öffne mich dem, was kommen mag. Ich bin offen für die Begegnungen mit anderen Menschen, mit mir selbst und eben mit Gott.
Für mich ist es eine Form, meine Spiritualität zu leben, neben Gottesdiensten in der Gemeinde, und meiner eigenen stillen Zeit.
Mit meiner Kollegin Daniela Körber bilde ich ehren- und hauptamtliche Pilgerbegleiter*innen aus. Wenn wir mit einer Gruppe unterwegs sind, beginnt ein Pilgertag oft mit einem Pilgersegen und einem Körpergebet.
Es gibt Phasen des Schweigens und des Austausches. Wir laden ein über einen Psalmvers oder eine biblische Geschichte nachzudenken. Wir singen gemeinsam.
Jeder und jede geht in dem eigenen Tempo und doch sind wir zusammen unterwegs. Die Gruppe mischt sich immer wieder neu. Man geht mal mit diesem und dann wieder mit dem anderen. Beim Gehen schaut man in dieselbe Richtung und dadurch schweigt es sich auch prima zusammen. Durch die Bewegung kommen auch die Gedanken in Fluss. Die Gespräche werden oft tiefer. Wer alleine pilgert, macht ähnliche Erfahrungen mit den zufälligen Bekannten, die der Weg einem schenkt. Meist gerade dann, wenn man Gesellschaft nötig hat.
Am Abend kann ein Austausch über die Erfahrung und ein gemeinsamer Gottesdienst stehen. Pilgern lockt. Nicht nur der große und lange Weg zum Grab des Jakobus. Ein Pilgerweg kann auch nur eine Tagesveranstaltung sein, man kann sich leiten lassen in einer Stadt oder zu einem bestimmten Thema. Es gibt unzählige Varianten.
Und man kann einfach alleine vor der eigenen Haustür beginnen….
Ihre Anja Bein