Vor unserem Haus steht ein großer Magnolienbaum. Jedes Jahr trägt er hunderte Blüten. Wenn es so weit ist, ist das für mich ein untrügliches Zeichen: Jetzt ist Frühling. Die weiß-rosa Blüten brechen strahlend hervor, wenn noch keine Blätter am Baum zu finden sind. Darum sind Magnolien besonders beliebt in Ziergärten. Das besondere an ihren Blüten ist, dass sich die Blütenblätter wie bei einer Schraube um eine zentrale Achse anordnen und nicht in Bündeln zusammenstehen. In China ist die Magnolie ein Symbol für die Schönheit.
Leider ist diese Schönheit nur allzu vergänglich. Denn wenn unsere Magnolie Mitte März anfängt zu blühen, sind kalte Nächte keine Seltenheit. Sobald es unter 0 Grad geht, welken die Blüten dahin. Oft war es in den vergangenen Jahren so, dass die Blüten nur einmal kurz aufstrahlten. Doch dieses Jahr konnten wir uns länger an ihnen erfreuen. Immer wieder hebe ich meinen Blick im Laufe des Tages, um nach den Blüten zu sehen. Denn ich weiß: Morgen könnten sie schon verwelkt sein.
So ist der Magnolienbaum ein wunderbarer Frühlingsbote, der mir aber zugleich auch die Vergänglichkeit vor Augen führt. In all dem Leben, das jetzt in der Natur neu entsteht, will ich das nicht vergessen: Dass jeder Moment kostbar ist. Und dass zum Leben auch das Verwelken dazugehört. Aber bis dahin darf ich mich an der Schönheit freuen.
Euer Christoph Krauth