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Guggemol: Secondhand-Buchhandlungen

Foto: playground.com

Buchhandlungen für gebrauchte Bücher sind für mich ganz zauberhafte Orte. Wenn ich verreise, liebe ich es besonders, in solchen Buchhandlungen zu stöbern. Als ich vor einigen Wochen meine Schwester in Brüssel besucht habe, war ich begeistert, dass das Viertel, in das sie vor kurzem gezogen war, voller solcher Secondhand-Buchläden war. Man betrat sie von der Straße und der Lärm ebbte ab, als würde man eintauchen. Die Läden waren meist klein, oft nur ein oder zwei schmale Räume – dafür gingen die Regale oft bis zur Decke, die Bücher standen selbst über den Türöffnungen und in Kisten auf dem Boden. In manchen dieser Buchhandlungen spielte leise Instrumentalmusik. In einem anderen war es fast andächtig still, und der Verkäufer verschwand fast hinter den einzusortierenden Büchern, die sich auf seinem Schreibtisch stapelten.

Warum gerade Buchhandlungen für gebrauchte Bücher? Man sieht den Büchern oft an, dass sie schon durch andere Hände gegangen sind, dass andere Menschen sie bereits durchgeblättert und gelesen haben. Dass sich die Einbände und Seiten mit der Zeit verfärbt haben. Man spürt es auch, wenn sich Buchseiten oder der Einband weich anfühlen, oder wenn sich ein Buch gut aufschlagen lässt. Und diese Spuren von Gebrauch und verstrichener Zeit machen die Bücher irgendwie noch besonderer, den Ort noch gemütlicher. Es macht die Freude, ein solches Buch aus dem Regal zu nehmen und in die Erzählung einzutauchen, auf einer ganz eigenen Art zu einer geteilten Freude.

Oft ist die Auswahl in solchen Buchhandlungen etwas zufällig und neben besser bekannten Titeln können auch schon länger vergessene stehen. So wird Stöbern zu einer Entdeckungsreise. Besonders wunderbar fand ich bei diesem Besuch eine Secondhand-Buchhandlung für englische Bücher, die ich in einer Seitenstraße entdeckte. Von Autor*innen wie Patrick Ness und Hilary Mantel, die ich liebend gerne lese, standen dort Bücher, von denen ich noch gar nicht wusste, dass es sie gibt.

Manchmal genieße ich es einfach, an solchen Orten eine Auszeit zu nehmen, weil die Eile und der Lärm unseres Alltags nicht in sie hereinreicht. Wenn ich anschließend meinem Alltag nachgehe, nehme ich ein bisschen innere Stille mit und bin aufs Neue von den Erzählungen verzaubert. Andere Male muss ich mich stark zurückhalten, um nicht gleich einen ganzen Stapel gebrauchte Bücher mit in meinen Alltag zu nehmen, weil mir so viele fesselnde Geschichten ins Auge fallen. Und wenn ich wie diesmal in Brüssel das eine oder andere Buch mit nach Hause bringe, wirkt der Zauber und die Ahnung einer geteilten Freude nach, wenn ich später darin lese.

Eure Alina Giesen